Synoptische Übersicht:
Im Zuge eines ostwärts ziehenden Tiefs über den Britischen Inseln wurde feuchtwarme Luft aus Südwesten nach Deutschland advehiert. Vor allem im Westen wurden hohe Energiewerte (CAPE) von teilweise über 2000 J/kg Luft erreicht.
Deutschland lag dabei in einem sogenannten barometrischen Sumpf; einer Zone sehr geringer Luftdruckunterschiede. Die Windscherung war dadurch eher verhalten, sodass schon im Vorfeld weniger von Superzellen, sondern eher von regenreichen und blitzintensiven Multizellen ausgegangen werden konnte. Die Temperaturen erreichten in weiten Teilen des Landes Werte von über 30°C, vor allem im Süden und Osten über 35°C.
Moderate südwestliche Höhenstörmung und verschiedene Bodentiefs sorgten für Gewitter, Grafik: wetter3.de
Die Taupunkte waren vor allem im Nordwesten sehr hoch und lagen bei rund 20 bis 22°C. Während tagsüber vor allem die hohen Temperaturen innerhalb des barometrischen Sumpfes zur Gewitterauslöse beitrugen, konnte sich in der Nacht zum 28.07.2012 durch einen Trog ein Gewittertief bilden, das noch bis zum Morgen für verbreitete Gewitter sorgte.
Gewitterentwicklung:
Erste orographische Hitzegewitter entstanden am Thüringer Wald sowie am Erzgebirge und zogen langsam Nordostwärts. Bald darauf zogen erste Gewitter im Westen von Belgien herein. Weitere entstanden im Vorfeld und bildeten sehr schnell große Cluster über Nordrhein-Westfalen und dem nördlichen Rheinland-Pfalz. Diese zogen weiter nordostwärts nach Hessen und Niedersachsen, wo weiter nördlich bis nach Schleswig-Holstein weitere Zellen entstanden.
Im Vorfeld der Cluster entwickelten sich von Thüringen bis an die Ostsee kurzlebige Einzelzellen, sogenannte Pulse Storms. Im nördlichen Teil entwickelte sich daraus eine Linie. Kurz vor Mitternacht entstanden neue Zellen über Baden-Württemberg, Südhessen, Bayern und in der Pfalz, während sich über der Eifel ein mesoskaliges konvektives System (MCS) bildete.
Im Zusammenhang mit dem nun über Niedersachsen liegenden Gewittertief, entwickelte sich am Morgen des 28.07.2012 aus dem MCS und den Gewittern im Süden eine lange Gewitterlinie, die noch in Teilen bis in den Osten zog.
Am 28. entwickelten sich ebenfalls über gesamt Deutschland einige Gewitter, die aufgrund der, im Gegensatz zum Vortag, nicht mehr so energiereichen Luftmasse allerdings kaum unwetterartig ausfielen.
Sehenswerte Strukturen an einem Gewitter im Nördlinger Ries am 28.7. - Foto: Tobias Hämmer
Rege Gewitteraktivität über Deutschland, Grafik: lightningmaps.org
Schäden:
Schäden gab es vor allem in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Hamburg durch Überflutungen, Sturmböen und Blitzschlag.
Presselinks:
http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-luedenscheid-halver-und-schalksmuehle/heftiges-unwetter-fegt-in-zwei-wellen-ueber-luedenscheid-hinweg-id6924901.html
http://www.rp-online.de/nrw/leverkusener-von-blitz-getroffen-aid-1.2927095
http://www.rundschau-online.de/aus-aller-welt/unwetter-in-nrw-blitz-trifft-motorradfahrer-3798508